Im Interview spricht Romy Sigl über das Leben als Selbstständige und erklärt uns das Konzept hinter Coworking.
Was ist Coworking, Frau Sigl?
Es ist ein regnerischer Mittwochmorgen und ich stehe fragend vor den Räumlichkeiten des COWORKINGSALZBURG. Eine Eingangstüre finde ich nicht, dafür aber eine einladende Balkontüre. Kaum einen Schritt in den Raum gesetzt, blicke ich auf viele besetzte Schreibtische und rauchende Köpfe. Da entdecke ich auch schon Romy Sigl, die Leiterin, sie huscht von Tisch zu Tisch und bespricht dieses und jenes mit ihren Coworker_innen. Zu diesem Zeitpunkt ist es übrigens erst kurz nach 9 und das Interview kann beginnen.
Romy, welche Ausbildungen hast du gemacht?
Nach der Volksschule bin ich auf das Musische Gymnasium in Salzburg Itzling gegangen, danach ging's in die HTL Salzburg, wo ich den Zweig Hochbau wählte. Nach der Matura habe ich auf der FH Salzburg Design – und Produktmanagement studiert.
Hast du gleich nach dem Studium eine Anstellung bekommen?
Es war nicht ganz so einfach, da viele Firmen nicht wussten, wofür wir ausgebildet waren. "Bist du jetzt Designerin oder Produktmanagerin? Wir brauchen nur eines davon." Aber ich hatte dann Glück und bekam bei KISKA – Österreichs größter Designagentur - eine Anstellung im Bereich der Designstrategie. In diesen vier Jahren bei KISKA konnte ich viel lernen, ich war zum Beispiel im Research beschäftigt, was bedeutet, bevor der Produktdesigner loslegt, beobachten wir, wie und ob der Kunde das Endprodukt verwenden wird.
Warum hast du dich gegen den Job und für die Selbstständigkeit entschieden?
Bei großen und vor allem eben begehrten Firmen ist die Firmenpolitik meist auch entsprechend. Nach vier Jahren wollte ich ein Feedback geben, für welches man sich jedoch kaum interessierte. Einerseits war es also die Firmenpolitik, die mich in meinem Entschluss bestärkte, andererseits fühlte ich mich aber auch eingesperrt, da ich eigentlich schon immer gern selbstständig gearbeitet habe. Ich konnte, dank meines HTL Abschlusses, bereits während meines Studiums Baupläne für Firmen zeichnen. Meine Fähigkeiten wurden einfach nicht voll ausgenutzt und das hat mich sehr geärgert.
Romy im Kurzinterview - wer mehr über sie und ihre Arbeit erfahren möchte, einfach weiterlesen!
Du bist in den Bereichen Hochbau und Design spezialisiert, woher kam die Idee zu einem Coworking Space in Salzburg?
Ich war auf Urlaub und habe kurz davor auf ARTE einen Beitrag über das Betahaus in Berlin (Coworking) gesehen, dieser Beitrag hat mich sofort fasziniert, weil dort beide Welten vereint wurden. Die vielen internationalen Leute, die zwar selbstständig arbeiten, aber eben doch auch miteinander - wenn es sich ergibt. Diese Idee hat mich dann so begeistert, dass ich nach Berlin gefahren bin, um dort das Betahaus zu besuchen. Daraufhin habe ich auch noch weitere Coworkingspaces besucht. Ich habe mich zu der Zeit viel mit Coworker_innen unterhalten und mir erste Gedanken gemacht, ob das in Salzburg auch funktionieren könnte.
Hast du beim Aufbau deiner beruflichen Selbständigkeit Unterstützung von deinem privaten Umfeld bekommen?
Nein, aber das war auch gut so. Denn dadurch, dass ich viele Kritiker_innen und Skeptiker_innen um mich herum hatte, musste ich mir auch ganz genau überlegen, was und vor allem wie ich mein Vorhaben umsetzen werde. Insofern bin ich für Kritiker_innen immer total dankbar. Ich wusste, ich möchte trotz Selbstständigkeit nicht alleine herumsitzen und arbeiten, denn ich brauche Leute um mich herum – da bietet sich Coworking an.
COWORKING SALZBURG war quasi ein Nebenprodukt Deiner Selbstständigkeit. Mit welchem Angebot hast du dich dann eigentlich zur Unternehmerin gemacht?
Ich habe parallel mit zwei Ideen begonnen: Zum einen begann ich mit Marken- und Designberatung, wie ich das bereits bei KISKA gemacht habe und zum anderen eröffnete ich COWORKINGSALZBURG. Die Marken- und Designberatung unter dem Label: AUF*WIND, lief von Anfang an ziemlich gut. Dadurch, dass ich eigentlich schon immer Netzwerkerin war, hatte ich von Beginn an Kunden wie O2 in München und die Heinz Kettler AG.
Du hattest ja auch an der FH Salzburg einen Lehrauftrag. Wie kam es dazu?
Ich habe immer recht gute Verbindungen zu meiner Fachhochschule gehabt und im Zuge meiner Selbstständigkeit hat sich der Lehrauftrag entwickelt – man kam seitens der FH Salzburg in etwa so auf mich zu: "Wenn du jetzt selbstständig bist, kannst du auch unterrichten, denn du bist eine unserer Absolvent_innen und einige Jahre Praxiserfahrung bei KISKA kannst du auch vorweisen." Ich dachte mir dann: "Wenn ihr meint, dass ich die Richtige bin, dann mach ich das."
Offene Räume und eine gemütliche Einrichtung prägen die Atmosphäre im COWORKINGSALZBURG.
Wie verlief der Start von COWORKINGSALZBURG?
Die ersten drei Jahre war es schwer die Räume voll zu bekommen, denn das Konzept war neu, die Leute kannten den Unterschied zwischen Coworking und Bürogemeinschaft nicht. Ich finanzierte den Coworkingspace durch die Erträge von AUF*WIND.
Wo liegen die Unterschiede zwischen einer Bürogemeinschaft und dem Konzept Coworking?
Zu Beginn, eine Bürogemeinschaft umfasst meist nicht mehr als 7-10 Leute, hier haben wir hingegen bis zu 120 verschiedene Menschen und Projekte versammelt. Da ist der Netzwerkeffekt schon ein anderer. Das ist auch schon das Nächste, in einer Bürogemeinschaft bleibt nicht viel Zeit um sich untereinander zu vernetzten oder gemeinsame Projekte zu starten. Hier bei uns versuche ich die Neuankömmlinge immer allen vorzustellen und es ist mir auch ein Anliegen, dass wir regelmäßig gemeinsam zu Mittag essen, um in der Runde neue Projekte / Ideen besprechen zu können.
Welche Kooperationen und firmenübergreifende Projekte sind bereits entstanden?
Was mich besonders freut ist fairMATCHING – ein Projekt das aus unzähligen Gesprächen der Coworker_innen im Zuge des Ankommens der flüchtenden Menschen vor ca. 1.5 Jahren entstanden ist. fairMatching versucht, Flüchtlinge und Unternehmen zusammenzubringen und so Arbeit für die Menschen zu schaffen.
Ein weiteres Projekt ist unser Buch, welches wir zu unserem 5jährigen Bestehen schreiben. Das ist insofern hilfreich, da immer mehr Gemeinden selbst Interesse an Coworking-Formaten entwickeln und dieses Buch kann Interessierten einen ersten Überblick verschaffen.
COWORKINGSALZBURG stellt sich vor!
Dieser Text ist unter CC BY 4.0 International lizenziert.
Autorin
Carmen Bayer
Carmen Bayer, Sprecherin der Salzburger Armutskonferenz, wundert sich oft über gesellschaftliche Entwicklungen und schreibt darüber. Nebenher studiert sie Politikwissenschaften und verbringt ihre freie Zeit bevorzugt mit Büchern, Musik und sehr gerne auch mit gutem Essen. Sprachlos ist sie eher selten.
HTL - Hochbau
Der Hochbau ist das Teilgebiet des Bauwesens, das sich mit der Planung und Errichtung von Bauwerken befasst, die mehrheitlich oberhalb der Geländelinie liegen. Die CAD-unterstützte Ausbildung umfasst konstruktive, baubetriebswirtschaftliche und gestalterische Bereiche – vom Entwurf eines Gebäudes bis zu seiner baureifen Ausführung.
Dauer: 5 Jahre
Form: Vollzeit
Praktikum: Pflichtpraktikum mindestens 8 Wochen in der unterrichtsfreien Zeit
Vorausetzungen:
- Erfolgreiche Abschluss der 8. Schulstufe
Eine Aufnahmeprüfung ist abzulegen:
- von Schüler_innen der Hauptschule, wenn sie in Deutsch/Englisch/Mathematik in der III. Leistungsgruppe sind oder sie in Deutsch/Englisch/Mathematik in der II. Leistungsgruppe sind und im Jahreszeugnis die Note "Befriedigend" oder "Genügend" haben.
- von Schüler_innen der Neuen Mittelschule, wenn sie in Deutsch/Englisch/Mathematik in der grundlegenden Ausbildung sind - entfällt bei Vorliegen der Zeugnisklausel (...geeignet zur Aufnahme in die Höhere...)
Nützliche Links:
Design & Produktmanagement – Bachelor
Das dreijährige Bachelor Studium konzentriert auf die berufsfeldspezifischen Grundkompetenzen. Die ganzheitliche Umsetzung einer Produktidee von der Realisierung in der Fertigung bis zur Markteinführung ist ein vielfältiger Prozess im Unternehmen und erfordert den Einsatz verschiedener Fachleute.
Dauer: 6 Semester
Form: Vollzeit
Voraussetzungen:
- Studienzulassung mit allgemeiner Hochschulreife (z.B. Matura oder Abitur, Berufsreifeprüfung, u.a.)
In diesen Fällen sind verpflichtend Zusatzprüfungen abzulegen:
- Absolventinnen des dualen Ausbildungssystems ("Lehrabschlüsse").
- Absolventinnen von berufsbildenden mittleren Schulen.
- Personen mit spezifischen beruflichen Qualifikationen.
- Studienzulassung ohne Matura/Studienberechtigungsprüfung (SBP)
- Hier finden Sie weitere Infos
Relevante einschlägige berufliche Qualifikationen
- Abschluss einer facheinschlägigen Lehre in folgenden Bereichen:
- Bau- und Holzbereich
- Kaufmännische und wirtschaftliche Berufe
- Technischer Bereich und Metallbereich
Zusatzprüfung: Deutsch, Mathematik I, Englisch I - Abschluss ein facheinschlägiges Berufsbildendes Mittleres Schulen (BMS)
- Absolventinnen von technischen, gewerblichen und kunstgewerblichen Schulen.
- Absolventinnen von kaufmännischen und wirtschaftlichen Berufen.
- Facheinschlägige deutsche Fachhochschulreife.
- Der Nachweis ausreichender Sprachkenntnisse (Sprachniveau B2).
Abschluss: Bachelor of Arts in Business (BA)
Kosten: Studiengebühren (€ 363,- pro Semester) +ÖH-Beitrag (ca. € 24,70 pro Semester)
Hilfreiche Links:
- Design & Produktmanagement / Bachelor - FH Salzburg
- https://www.fh-salzburg.ac.at/info/studieren-beginnen/zugangsvoraussetzungen-bachelor
Weiterführende Links:
Zuletzt aktualisiert: Juni 2024 von BiBer Bildungsberatung
Design & Produktmanagement – Master
Im Masterstudiengang werden die Management-Inhalte vertieft. So wird der Bedarf an strategisch denkenden Designern und kreativen Managern abgedeckt. Die Absolvent_innen des Masterstudienganges koordinieren die Tätigkeiten der einzelnen Spezialisten und optimieren das Gesamtergebnis des Design- und Produktmanagementprozesses im Unternehmen.
Dauer: 4 Semester
Form: Vollzeit
Abschluss: Master of Arts in Business (MA)
Kosten: Studiengebühren (€ 363,- pro Semester) + ÖH-Beitrag (€ 19,20 pro Semester)
Nützliche Links:
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